Hofbauer, Gottfried (2019):Globaler Wandel - Kurze Anmerkungen zu einem komplexen Thema (2): Wir profitieren von den letzten Eiszeiten - www.gdgh.de/Berichte/b18 (20. Juli 2019).

Globaler Wandel
Kurze Anmerkungen zu einem komplexen Thema (2):
Wir profitieren von den letzten Eiszeiten


Gottfried Hofbauer, Erlangen (D/Germany)





Über den Sand- und Kalksteinen von Keuper und Muschelkalk liegt eine mächtige Abfolge von Lössen, die in den letzten Kalkzeiten von Wind abgelagert wurde. Farbig kräfigere Horizonte markieren Reste von Bodenbildungen aus dazwischen gelegenen wärmeren Klimaphasen.:
Steinbruch suedl. Kleinrinderfeld (Unterfranken). So kann man sich den Aufbau vieler Lössgebiete im Grunde vorstellen.



Wir profitieren von den letzten Eiszeiten

Die nacheiszeitliche Bevölkerungsentwicklung - also im Grunde das Wachstum der letzten 10.000 Jahre - verdanken wir nicht zuletzt auch den guten Böden, die sich am Rande der ehemals vereisten Gebiete entwickeln konnten. Aus den weitgehend kahlen Landschaften der Eisrandgebiete oder den damals in voller Breite von verwilderten Flüssen eingenommenen Talgründen konnte der Wind Staub ausblasen und an anderen Stellen, und dort oft auch flächendeckend, wieder ablagern.

Dieses feinkörnige, vom Wind abgesetzte Sediment wird L ö s s genannt. In Hinblick auf die Bodenqualität hat Löss viele positive Eigenschaften: die Böden sind gut durchlüftet, locker, trocken und sehr nährstoffreich, da der Staub auch viele feine Mineralkörner sowie zerriebenen Kalk enthält. So konnten sich nach jeder Eiszeit die Böden gleichsam von einer nahezu idealen Ausgangssituation her völlig neu entwickeln. Weltweit sind fast alle für die Ernährung wesentlichen "Kornkammern" in solchen Lössgebieten angelegt.

Aber auch ohne ackerbauliche Nutzung können sich Böden in Zeiträumen von wenigen hunderten bis tausenden von Jahren verschlechtern: Niederschläge lösen den Kalk aus den oberen Bodenlagen und verlagern ihn in tiefere Bereiche und letztlich ins Grundwasser. Die mineralischen Komponenten des Löss verwittern: sie können ebenfalls ausgespült werden, oder sich - im Gegenteil - mit Sauerstoff zu für die Pflanzen nicht mehr verfügbaren, da nicht mehr löslichen, Oxiden verbinden (was wir an der Braunfärbung sehen können).

Ein anderer Teil wird in Tonminerale umgewandelt. Niederschlagswasser löst das Calcium und verlagert es zur Tiefe hin - mit dem Verlust des Calciums verändert sich die Bodenstruktur, so dass die Tonminerale nicht mehr gehalten werden können und dem Calcium in tiefere Bereiche folgen. Dort können die Tonminerale dichte Lagen bilden, was die Eigenschaften des Bodens drastisch verschlechtern kann, indem dieser nun anfällig für Staunässse wird . Je stärker die Niederschläge in einer Region, um so rascher degradiert auch der Löss.

Bleiben als Folge der laufenden Klimaerwärmung die Eiszeiten aus - dann bleibt der Menschheit vermutlich eine weit bedrohlichere Entwicklung als die einer Klimaerwärmung erspart.Doch auf der anderen Seite geht damit auch die damit verbundene Erneuerung der Löss-Ablagerungen verloren - und wir müssen, wenn die Bevölkerung weiter wachsen sollte, immer mehr Ertrag aus im Grunde immer schlechter werdenden Böden gewinnen...



Löss-Lage am Westrand des Oberrhein-Grabens, südwestl. Forst. Der Verlagerung von Kalk in tiefere Bodenbereiche sind die Tonminerale gefolgt. Sie bilden nun einen mächtigen, für von oben durchsickerndes Niederschlagswasser nur schlecht durchlässigen Horizont.



Nahansicht des verlagerten Ton-Horizontes (in der Bodenkunde mit dem Kürzel "Bt" markiert]. Unter dem Ton-Horizont folgt eine Lage mit einem hogen Anteil an ausgefälltem Kalk, darunter auch Kalk-Konkretionen (Lösskindel, mit Pfeilen markiert).



>> (1) "Mehr als Klimawandel" - interner Link