In einer Studie zur Standortbewertung (Das Geländeklima, in: Der Deutsche Weinbau, Nr. 1, 2005) heisst es: "Das Geländeklima charakterisiert zusammen mit der Topographie und dem Boden einen Weinbaustandort. In den nördlichen Weinbaugebieten dominiert das Geländeklima die Traubenqualität stärker als der Einfluss des Bodens. Dies bedeutet, dass sich die jährlichen Unterschiede in der Traubenqualität meist aus der Variabilität der klimatischen Faktoren ergeben. In trocken-heißen Jahren wie 2003 gewinnt allerdings der Boden deutlich an Bedeutung, besonders sein Wasserspeichervermögen."

Angesichts der Randposition, der fränkische Weinbau in klimatischer Hinsicht in Europa einnimmt, wäre es also verwunderlich, wenn die meso- und mikroklimatischen Unterschiede der Standorte "Stufenran" und "Maintal" sich nicht - zumindest als Trend - in den Weinen wahrnehmen liessen.

Das muss sich nicht in jeweils besonderen Aromanoten - im Sinne etwa von "Quittenaromen" vs. "Stachelbeere" - ausdrücken, vermutlich werden solche Unterschiede eher in der Gesamtstruktur des Weines oder dem, was man Charakter nennt, merklich. Wenn also - wie hier vermutet - tatsächlich das Klima sensorisch wahrnehmbare Unterschiede zwischen Stufen- und Maintal-Weinen verursachen kann, dann würde die Unterscheidung in Hinblick auf den geologischen Untergrund, also von Keuperwein und Muschelkalkwein, dem gegenüber nachrangige Bedeutung haben.

Stattdessen müsste es dann eigentlich heißen: der Maintal-Wein unterscheidet sich vor allem aus klimatischen Gründen vom Schichtstufen-Wein. Aber keine Frage - das klingt lange nicht so gut und mythenreich wie Muschelkalk oder Keuper

Auch mehrere Jahrzehnten Klimaerwärmung haben nicht dazu führen können, dass die soeben erwähnten Standort-Unterschiede durchweg unmerklich geworden wären. Tatsächlich haben die in der NHG veranstalteten Weinproben erkennen lassen, dass Maintal-Weine noch immer tendenziell besser ausgestaltet sind als jene der Keuperstufe. Diese klimatisch verursachten Unterschiede werden zudem von den den physikalischen Qualitäten des Bodens (siehe oben) gekreuzt.

Um die Charakteristik eines Weines bei vergleichenden Weinproben zu erfassen, wurde ein einfaches Sensorik-Diagranm als Orientierungs- und Dokumentationshilfe verwendet.
Anmerkungen zum Diagramm: Die Sensorik eines Weins kann sich im Lauf der Probe v.a. durch Sauerstoff-Zutritt und Erwärmung mehr oder weniger verändern. Deshalb wird geraten, sich dabei Zeit zu lassen und dabei vor allem die Veränderungen im Geruch zu verfolgen.

Geruch, Geschmack und Abgang können unter Umständen ein sehr unterschiedliches Bild ergeben - insbesondere der Geruch weckt mitunter Erwartungen, die dann im Mund überhaupt nicht eintreffen. Fehltöne äußern sich besonders im Geruch, können sich mit der Zeit im Glas auflösen oder verstärken. Die Beschreibung sollte deshalb alle drei sensorische Stadien erfassen. Die Raster in den kleinen Diagrammen für Nase und Abgang sind die gleichen wie im großen Hauptdiagramm für den Geschmack im Mund bzw. der Gesamtcharakteristik.

Phenol-Töne sind in der Regel schon mit der Nase wahrzunehmen, wo sie im Extremfall alle Fruchtnoten überdecken können. Unter "Phenol" verstehen wir hier alle Noten, die nicht eindeutig fruchtig, zugleich aber auch keine klaren bestimmbaren Fehltöne wie säuerlich, schwefelig, animalisch, säuerlich-gemüseartig etc. sind. Die Phenol-Note lässt sich am treffendsten als Anklang an medizinische, jodähnliche, auch torfartige oder lösungsmittelähnliche Noten beschreiben. Phenole sind auch für die adstringierende Wirkung im Abgang verantwortlich. Phenol-Noten werden von Verkostern mitunter sehr unterschiedlich beurteilt - manche mögen sie, andere neigen dazu, sie als Fehltöne einzuordnen, v.a. auch deshalb, weil sie die frisch wirkenden fruchtigen Noten des Weins zurückdrängen.

In der Gesamtcharakteristik sind Alkoholgehalt und Restzucker (RZ) durch Angaben auf der Flasche relativ präzise zu erfassen. Allerdings lässt die Bezeichung "trocken" einen weiten Spielraum - bis 9g/l - zu. Während "trockene" Weine an sich nur RZ bis 4 g/l enthalten dürfen (in Franken wird das auch gerne "fränkisch trocken" genannt), ist diese Grenze im jüngeren europaweiten Weinrecht bedingt auf 9 g/l erweitert worden: der RZ-Gehalt darf in diesem Fall nicht mehr als 2 g/l höher als die Gesamtsäure sein. Die Unterscheidung in dieses "EU-trocken" und "fränkisch trocken" lässt sich allein anhand der Angaben auf dem Weinettikett nicht treffen - dazu braucht man die entsprechenden Analyse-Werte vom Erzeuger. Ohne diese Kenntnis kann der Benutzer versuchen, die Trockenstufe sensorisch einzuschätzen.

Die Beurteilung des Körpers ist hingegen rein sensorisch. Die Unterscheidung in fünf begriffliche Kategorien von "dünn" bis "wuchtig" mag auf den ersten Blick wenig zuverlässig erscheinen. Die Probe-Praxis hat allerdings gezeigt, dass selbst wenig geübte Verkoster relativ treffsichere Zuordnungen treffen und diese allgemein breiten Konsens fanden. Die Beurteilung des Körpers hat sich als besonders wichtiges Kriterium erwiesen: bei gleichen/ähnlichem Alkoholgehalt und gleicher Rebsorte kann unterschiedliche Fülle als eine Bevorzugung/Benachteilung durch Standort oder Klima verstanden werden.

Saure Früchte und Säure: Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten von "sauer" besteht darin, dass "Säure" oft auch ohne Fruchtnote auftreten kann bzw. gesondert wahrnehmbar zur Fruchtnote tritt.

Süße Früchte und Süsse bzw. Restzucker: Diese Unterscheidung beruht wie die zwischen sauren Früchten und Säure auf die Möglichkeit, diese beiden Komponenten in vielen Fällen getrennt wahrnehmen zu können. Süsse Frucht erinnert immer an bestimmte Früchte, auch wenn eine konkrete Zuordnung nicht immer deutlich ist. Ein Eindruck von Süße kann allerdings auch durch Mangel an Säure und sauren Fruchtnoten entstehen, auch wenn der Wein eigentlich arm an Restzucker bzw. als "trocken" etikettiert ist. Ein Blick auf das Etikett kann im Zweifelsfall eine Orientierungshilfe sein.
Das Seminar mit dem Thema "Sensorik fränkischen Weissweine" fand in der Naturhistorischen Gesellschaft (NHG) Nürnberg statt. Das Teinehmerfeld war gut gemischt, neben Weinlieberhabern und -kennern waren auch Geologen und ein professioneller Bodenkundler, Prof. A. S., mit dabei. An zwei Nachmittagen wurde die Beziehung von "Stein und Wein" intensiv diskutiert. Weiter wurden 22 Weine verkostet - die Sorten waren auf Müller-Thurgau, Silvaner, Weißburgunder, Riesling und Grauburgunder beschränkt.

Unter Zuhilfenahme des Sensorikdiagramms (siehe oben) wurde versucht, die entsprechende Charakteristik jedes Weins bzw. auch der einzelnen Sorten zu erfassen. Im folgenden einige Auszüge aus dem Programm.

Alle vier verkosteten Mueller-Thurgau-Weine zeigten einen auffällig schlanken Körper. Die Fruchtnoten waren durchaus vielfältig und mehr oder weniger deutlich, doch gelang des den Weinen nicht, zufriedenstellende Fülle zu erreichen und im Abgang etwas länger Freude zu bereiten.

Dieser Mueller-Thurgau von der Keuperstufe - von der Qualität ein Ortswein eines VDP-Erzeugers - wurde als einziger Wein des gesamten Probelaufs als "dünn" wahrgenommen.Dazu kamen säuerliche Fehltone im Geruch und ein Säure-Überhang im Abgang.

Die Lage "Sommeracher Katzenkopf" liegt im Maintal auf Muschelkalkuntergrund. Dessen ungeachtet wird der Boden von relativ hohen Sandanteilen aus Ablagerungen des Mains geprägt. Die Silvaner sind tendenziell schlank und erfreuen mit zarten Fruchtnoten.

Obwohl es sich um eine "trockene Spätlese" mit 13% alc handelt, ist dieser Silvaner vom "Sommeracher Katzenkopf" relativ schlank und erneut von zarten Fruchtnoten geprägt. Dazu waren auch deutlich süsse Früchte mit Anklang an Banane wahrzunehmen.

Zum Vergleich ein Silvaner vom Schwanberg, Lage "Iphöfer Kronsberg". Obwohl dieser Wein nur 12% alc aufweist, wurde sein Körper als deutlich kräftiger wahrgenommen. Auch die Säure erschien im Vergleich zu den Sommeracher Proben zurückgenommener.

Abschliessend das Sensorik-Diagramm eines Weissen Burgunders. Charakteristisch ist der alkhol- wie körperreiche Charakter sowie die Vielfalt und Kraft der Fruchtnoten. Wie in vielen anderen Fällen gibt auch hier der Geruch nur eine Ausschnitt des Aromensprektrums wieder - in diesem Fall beherrschten die nach süssen, exotischen Früchten duftenden Noten die Wahnnehmung in der Nase.


Zur Zeit des hochmittelalterlichen Klimaoptimums war Rotwein in Deutschland weit verbreitet. Mit der im 14. Jahrhundert deutlich einsetzenden Klimaverschlechterung - der "Kleinen Eiszeit" - wurden viele Rotweinflächen ganz oder zugunsten von Weißwein aufgegeben. Der Rotweinanbau in Unterfranken hat damals überlebt und sich bis heute erhalten. In den anderen Bereichen des Fränkischen Weinbaus setzte der Rotweinanbau erst wieder mit der Klimaerwärmung gegen Ende des letzten Jahrhunderts ein. Dieser Wiederbeginn war aber zugleich der Startschuss für viele neue Sorten und auch neue Methoden. Das Weinseminar am 24./25. Februar 2018 hatte es sich zur Aufgabe gemacht, hier eine einführende Orientierung zu gewinnen.
Inzwischen sind in Franken mehr als 15 unterschiedliche Rotweinsorten zu finden. Nicht nur für den weniger kundigen Verbraucher stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien er seine Auswahl treffen sollen, vor allem im Einzelhandel, wo ja eine vorangehende Probe in der Regel nicht möglich ist. Gibt es soetwas wie einen typischen fränkischen Rotwein, zu dem man in Vertrauen auf ein bestimmtes Geschmacksprofil und Qualitätsniveau greifen kann? Bei den Weißweinen ist der Silvaner weit über die Region hinaus zu einem fränkischen Markenzeichen geworden - gibt es einen entprechenden Wein auch im Rotweinsegment?

Die Antwort ist "Jein" - oder sogar "Nein": Statt eines würdigen roten Gegenübers zum Silvaner ist eher eine Analogie zum Müller-Thurgau zu entdecken. Dieser Wein heisst Domina und ist - grammatikalisch - weiblich. Die angesprochene Analogie wird deutlich, wenn man die Entwicklumg des Anbaus verfolgt. Wie beim Müller-Thurgau hat man auch mit der Domina Ertrag und Masse über Qualität gestellt. Die Flächen für die Domina waren in den 90iger Jahren bis zum Jahr 2006 so erweitert worden, dass sie tatsächlich auch die flächenmässige Dominanz erreicht hatte. Dann kam es allerdings zu einer kleinen Rotweinkrise: die Rebflächen wurden wieder zurückgebaut, wobei die zuvor noch so kräftig vermehrte Domina auch gleich besonders starke Rückgänge zu verzeichnen hatte (siehe: Jährliche Flächenänderungen 2000-2017 durch Rodung/Wiederbepflanzung, Stand 31.7.2017, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau).

Dass diese Trendwende bei der Domina nicht nur Folge einer Überproduktion, sondern auch einer Qualitätsfrage war, kann daran abgelesen werden, dass trotz des allgemeinen Rückgangs an Rotweinfläche die Anteile des Spätburgunders weiter angewachsen sind. Der Spätburgunder ist - wie in vielen anderen Rotweinanbaugebieten - auch in Franken unbestritten die Premiumsorte. Böden und - inzwischen - auch das Klima reichen auch in Franken aus, um mit diesem Wein ein Gefühl von "Burgund" erleben zu können. Bei anspruchsvoll ausgebauten Spätburgundern scheint es nach oben hin keine Preisgrenze zu geben. Bei der Domina trifft man bei hoher Qualität zwar ebenfalls auf Ausbau im Barrique, aber hier erreichen die Preise kaum mal die 15 Euro, denn das Qualitätspotential der Domina ist beschränkt. Der Vergleich mit einem Spätburgunder ähnelt einem Erlebnis, als ob man aus einem nett eingerichtetem Zimmer in einen großen, funkelnden Saal tritt.

Der Spätburgunder steht also mit seinem großen Flächenanteil in Franken zu Recht weit oben. Die am Untermain schon lange gepflegte Sorte wurde somit auf ganz Franken ausgedehnt. Doch was ist mit den vielen anderen Sorten im Angebot? Neben dem Spätburgunder trifft man in den oberen Etagen der Regale gelegentlich noch auf den Blaufränkisch (auch: "Lemberger", aber seit dem Jahr 2000 ist es gestattet, ihn in Franken unter seiem eigentlichen alten Namen "Blaufränkisch" zu etikettieren). Der Blaufränkisch erschien in den Proben unseres Seminars als eine interessante, wenn nicht gar aufregende Alternative zum Spätburgunder, indem er mit seinen Würznoten eine ganz eigene, markante sensorische Typologie zu zeigen vermochte. So ist es erstaunlich zu sehen, dass diese Rebsorte vergleichsweise nur wenig angebaut wird. Mit Engagement betreut und ausgebaut, könnte er ja vielleicht in Franken ein besonderes Terroir entwickeln.

Weitere probierte Sorten waren Dornfelder, Regent und Cabernet Dorsa. Der Regent ist ein Wein, der eine beträchtliche Gerbstofftendenz hat und schon bei durchschnittlichen Qualitäten Anklänge an reife, tanningeprägte Rotweine zeigen kann. Cabernet Dorsa kann beträchtliche Mostgewichte erreichen und volle Fruchtaromen aufweisen, wobei Tannine in der Regel schwach entwickelt sind und den Wein so unkompliziert trinkbar machen. Eine Probe vom Handthaler Stollberg (Ausbau im Holzfass, 14 Euro) zeigte ein sehr vielgestaltiges wie transparentes Profil mit reifen schwarzen Fruchtaromen und pfeffrigen Noten im Abgang. Zugleich vermochte auch ein 5 Euro-Dorsa (Volkacher Kirchberg, Spätlese trocken!) mit seiner vollen wie runden Frucht zu überzeugen.

Ein besondere Erwähnung verdient der Dornfelder, den man vergeblich unter den großen, aufwendig ausgebauten Weinen sucht. Wegen seiner kräftigen Farbe ursprünglich als Deckwein für Cuvées gezüchtet, zeigt der Wein im Gaumen und im Abgang einen unverwechselbar klaren wie einfach strukurieren Rotweincharaker, ohne dabei billig oder trivial zu wirken. Der dunkle Wein zeigt nur wenig Komplexität, bleibt aber von Anfang bis Ende bei seiner sensorischen Linie. Trotz seiner sortenspezifisch nur zurückhaltend entwickelten Gerbstoffe entwickelt der Wein eine angenehme Fülle - Fehlgriffe bei dieser leider fast durchweg im Billigsegment um 4-7 Euro angesiedelten Sorte habe ich bei trocken ausgebauten Dornfeldern bisher nur selten erlebt. Vorstellbar ist, dass der Ruf des Dornfelders bei aufwändigerem Ausbau (Maischegärung, eventuell verlängerte Standzeit auf der Maische) eine Aufwertung erfahren könnte.

Während man Spätburgunder, Blaufränkisch und mit den genannten Einschränkungen auch die Domina im höheren Qualitätssegment finden kann, scheint es umgekehrt keine Sorte zu geben, die nicht auch im Billigsegment zwischen 4-7 Euro angeboten wird. Diese Preissegmente sind weniger Ausdruck einer kontinuierlichen Qualitätsskala, als vielmehr grundsätzlich unterschiedlicher Ausbaustrategien, die wir im folgenden Abschnitt skizzieren.
In Franken haben sich - wie in anderen Weinbaugebieten auch - beim Ausbau des Rotweins unterschiedliche Methoden etabliert. Diese Unterschiede sind in erster Linie dadurch motiviert, verschiedene Qualitätssegmente und Kundenwünsche zu bedienen. Nicht ist bei der Auswahl eines Weins nicht nur die Sorte zu bedenken, sondern auch die Art des Ausbaus, die die sensorische Charakteristik markant zu prägen vermag.

Grafik: Stark vereinfachte Skizze der drei häufigen Rotweinstrategien
Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Entscheidung Maischegärung / Mostgärung? (A/B+C) und Lagerung: neutral (A) / Holzfass(B) / Barrique(C)?

Für einen Rotwein genügt es nicht, die richtige Farbe zu haben. Zum visuellen Eindruck kommt eine sensorische Erwartungshaltung, die bei allen Unterschieden einen gemeinsamen Kern hat: Der Wein sollte - im Gegensatz etwa zu vielen Weißweinen - nicht zu stark von der Säure geprägt sein. Bei den meisten Rotweinen wird daher auch ein biologischer Säureabbau zugelassen, in dessen Verlauf Bakterien die schärfere Apfelsäure zur milderen Milchsäure umwandeln. Die aromatische Erwartung zielt zudem in Richtung reifer schwarzer Früchte, also Noten, die an Kirsche, Johannisbeeren, Brombeeren u.ä. erinnern.

Um Farbe und Fruchtnoten eines Rotweins zu erhalten, müssen Farb- und Aromastoffe nicht nur aus dem Fruchtfleisch der Beeren, sondern auch aus den Traubenhüllen in den Wein gelangen. Der traditionelle Weg dazu führt über die Maische, also dem Brei aus angequetschten Trauben und dem sich daraus absonderbaren Saft, dem Most. Je länger man Most und Traubenteile zusammen lagert, desto mehr Stoffe werden in den Most wandern können. Ist die Temperatur ausreichend hoch, wird aber bald die Gärung einsetzen - so ist es tradionell üblich, die Gärung auf der Maische laufen zu lassen und den Most erst danach abzupressen. Mitunter werden Most und Maische sogar noch eine gewisse Zeit nach der Gärung zusammen gelassen, um noch mehr Geschmacksstoffe zu gewinnen - diese Verfahren erfordern jedoch eine genaue Beobachtung, Erfahrung wie auch Intuiton, da hier ein Zuviel des Guten die Gefahr birgt, eine später nicht mehr reparable Gerbstoffvormacht zu verursachen.

(A) Für eine Weinproduktion im unteren Qualitätsbereich wird die Maischegärung oft als zu aufwendig angesehen. Will man einen fruchtbetonten, an Gerbstoffen eher armen Wein herstellen, dann ist es geschickter, den Most schon bald von der Maische zu trennen und diesen dann gesondert zu vergären. Es gibt in jüngerer Zeit Methoden, auch mit diesem Verfahren kräftige Farben und pralle Fruchtaromen zu bekommen. Dazu gehören Kaltmazeration (also gemeinsame Lagerzeit von Most und Maische unter Temperaturen, die für den Beginn einer Gärung zu tief sind), oder das Thermo-Vinifikation genannte Verfahren, bei der ein nur kurzen Erhitzung (wenige Minuten auf ca. 80° C) schon umfangreich Farb- und Aromastoffe mobilisieren kann.

Da Weine bei diesem Ausbau nur wenig Tannine enthalten, müssen sie auch nicht lange lagern, sondern können nach der Filterung relativ bald in Flaschen abgefüllt und in den Verkauf gebracht werden. Diese jung zu trinkenden Weine sind an ihrer frischen Frucht und dem Fehlen jeglicher "holziger" Noten zu erkennen. Der Mangel an Tanninen kann einen sochen Wein allerdings auch schmal wirken lassen. Eine Möglichekeit, ihm etwas mehr Fülle zu verleihen, ist neben Alkoholreichtum auch etwas Restzucker zu bewahren, ohne dass damit die Kategorie "trocken" in Frage gestellt werden muss. Dies sind in der Regel die Weine in der unteren Preiskategorie, die durchaus sehr schmackhaft sein können. Erstaunliche trockene Rotwein-Spätlesen sind mitunter schon für Preise um 5 Euro zu entdecken.

(B) Langer Kontakt von Saft und Maische, und noch mehr eine anschliessende Maischegärung bereichern den Wein mit Aromen, aber auch mit Tanninen aus der Schale (unerwünscht sind hingegen die strengen Tannine aus den Kernen). Der Wein ist daher jung noch zu tanninlastig. Lagerung in einem Holzfass schafft hier Abhilfe: indem Sauerstoff durch das Faß-Holz in den Wein diffundieren kann, wird die Verbindung der Tannine untereiander und vor allem mit den Farbstoffen unterstützt führt zn großen Molekülkomplexe, die zu Boden sinken und so aus dem sensorischen Spektrum ausscheiden. Die Zeit der Fasslagerung ist mitunter aber nicht ausreichend, so dass diese Entwicklung nach der Abfüllung in der Flasche weitergehen kann, sofern über einen Korken kleinen Mengen Sauerstoff zum Wein gelangen können.

Der Weg (B) entspricht im wesentlichen dem tradionellen Rotweinsaubau: Diese Weine haben mehr oder weniger deutliche Taninne, aber nicht in dem Ausmass und der Art, wie sie im Barrique ausgebaute Weine zeigen. Da die Kontaktfläche zwischen Wein und Fass-Innenwand mit dem Anstieg des Volumens relativ kleiner wird, nehmen auch Stoff- und Sauerstoffaustausch mit der Faßgröße ab. Die Fässer wurden darüber hinaus vor ihrem Einsatz "weingrün" gemacht, d.h. ausgelaugt und zudem über viele Jahre eingesetzt, so dass hier kaum mehr Aromastoffe abgegeben werden. Bei diesem Ausbau kann ein ausgewogenes Verhältnis von Frucht und Tanninen erwartet werden - alle Möglichekeiten für einen großen Rotwein sind damit gegeben. Auf dem Flaschenetikett sollte der Vermerk "Im Holzfass ausgebaut" zu finden sein.

(C) Im Gegensatz zum tradionellen Ausbau im großen Holzfass zielt die Lagerung im kleinen Barrique auf eine weitere, intensivierte Anreicherung von Aromen im Wein. Zwar werden auch im Barrique durch Sauerstoff-Diffusion Tannine abgebaut, zugleich können aber umfangreich neue, "tertiäre Aromen" in den Wein gelangen (also Aromen, die nicht aus der Reifung der Traube (primäre Aromen) oder der Gärung (sekundäre Aromen) stammen.

Da das Barrique vor seinem Einsatz ausgebrannt - getoastet - wird, kann es in der Folge neben Holz-Aromen auch Noten von Rauch, Vanille, Karamel und ähnlichen Röststoffen abgeben. Indem die Fassgröße beschränkt ist (in Frankreich/Bordeaux liegen die zugelassenen Obergrenzen bei 225 l, in Deutschland und Österreich 350 l), die Lagerungszeit mindestens 6 Monate betragen muss und die das Fass nur maximal drei mal eingesetzt werden darf, soll garantiert werden, dass mit der Etikettierung "Im Barrique ausgebaut" auch ein zuverlässiges Indiz für eine solche Aromenanreicherung gegeben ist.

Gelingt es, diese Aromen harmonisch in den Wein einzubinden, wird eine beträchtliche, mitunter sogar spektakuläre sensorische Erweiterung wahrzunehmen sein. Aber nicht jeder Wein gewinnt dabei: Hat der Ausgangswein nicht das Format - also eine hinreichende Vorkonzentration an Tanninen und eine kompatible kräftige Struktur - steigt die Gefahr, dass der Wein "holzlastig" wird und die ihm sorteneigenen Fruchtnoten mehr oder weniger überdeckt werden. Solche Fälle waren vor allem in der Frühzeit des Barrique-Ausbaus nicht selten und sind auch heute noch anzutreffen. Ob solche überdeutlichen Holzaromen noch als positiv oder schon als Fehlton beurteilt wird, ist dann auch eine Sache des persönlichen Geschmacks, der wiederum von gerade verbreiteten "Wein-Moden" mit bestimmt werden kann.

Ein großer Wein braucht mehr als nur eine aufwendige und teure Lagerung - die Kosten für das Barrique schlagen allein schon mit ca. 2-3 Euro/Flasche zu Buche. Barrique-Weine wird man daher kaum unter einem Preis von 10 Euro antreffen.

Das aktuelle fränkische Rotweinangebot bietet die Möglichkeit, sich die eine oder andere Rebsorte vorzunehmen und sie in Hinblick auf ihren unterschiedlichen Ausbau zu testen. Wer nicht direkt beim Winzer, sondern im Einzelhandel auf die Suche gehen mag, kann im Internet nach genaueren Informationen zum Ausbau der gewählten Sorte suchen. Insbesondere die großen Würzburger Weingüter (Juliusspital, Bürgerspital) haben für ihre Weine "Expertisen" mit entsprechenden Informationen im Netz. Als ein an Produkttransparenz interessierter Weinfreund würde man sich vielleicht sogar wünschen, auf der Rückseite jeder Flasche einen QR-Code zu finden, der einem ohne zeitraubende Recherche zu genauen Informationen über Ausbau, Säure- und Zuckergehalt führen würde.

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